Minimalismus vs. Angst vor dem Aufbrauchen

In meinem letzten Video habe ich über die Angst vor dem Aufbrauchen gesprochen. Ich war sehr erstaunt darüber, wie viele Menschen das Problem kennen. Obwohl ich mich seit geraumer Zeit mit Minimalismus beschäftige und ich durchaus fasziniert bin, fällt es schwer in mein Leben zu lassen.

Eigentlich hatte ich bis dato das Gefühl, dass nahezu jeder außer mir es schafft mehr oder weniger ordentlich und „minimal“ zu leben. Mag heißen: Egal wohin ich kam es sah ordentlich aus und nirgendwo steht zu viel unnötiger Scheiß. Haben also alle einfach bessere Verstecke für ihr Gerümpel? Größere Schränke? Exorbitante Keller? Betten mit Stauraum? Oder lebt schon jeder den Minimalismus? Ich weiß es nicht… aber wenn ich komme fasziniert mich die „Einfachheit“ einer jeden Wohnung. Mag ich vielleicht einfach andere Wohnungen lieber als meine eigene? Ein Grund mehr um zu entrümpeln.

vorher_nachher

Seit ich mir vorgenommen habe aufzubrauchen und keine Rücksicht auf Verluste zu nehmen, leeren sich endlich Dinge die bereits Jahre rumstehen. Sogar 10 Jahre alte Körperlotion (sofern sie nicht stinkt) wird jetzt aufgebraucht. Denn wie ich bereits sagte: Jetzt oder nie. Der perfekte Moment kommt dafür garantiert nicht. Wertvoller wird nur Wein vom rumstehen. Und vielleicht Gold.

Woher kommt dieses Horten? In Biologie lernen wir, dass der Mensch Jäger und Sammler ist. Nur wieso brauchen wir solch enorme Sicherheit? Ich meine… sind die Supermärkte und Drogeriemärkte nicht überfüllt mit Produkten, die wir noch nie probiert haben? Die Kosmetik-Industrie erfindet sich selbst immer wieder neu. Produkte werden überholt und verbessert. Neue Erkenntnisse werden gewonnen. Aber das Gewohnheitstier mag wahrscheinlich die alten Inhaltsstoffe lieber, als die besseren Unbekannten 😀

Es ist also die Sicherheit die wir mögen. Die uns das Gefühl gibt, dass alles normal ist. Denn wenn eines Tages der dritte Weltkrieg ausbricht, dann haben wir wenigstens noch die gute alte Gesichtscreme die uns die Hoffnung auf bessere Tage macht. Und jeder der einmal einen Ausverkauf bei Rossmann wegen Renovierungsarbeiten erlebt hat weiß, dass wenn es 20% auf alles außer Tiernahrung gibt… alles außer Tiernahrung innerhalb von Stunden (oder eben wenigen Tagen) ausverkauft ist.

Wird unsere natürliche Angst vor dem Weltuntergang gegen uns verwendet, damit wir alle brav weiter konsumieren? Denn wenn wir nicht konsumieren, hätten wir mehr Geld um uns auf das wesentliche im Leben zu konzentrieren. Was das wäre? In meinen Augen ist es Reisen & leckeres Essen. Und während des Reisens würden wir merken, dass wir zum eigenen Glück nicht viel brauchen. Denn alles was wir wirklich brauchen (auch wenn wir länger unterwegs sind) passt mehr oder weniger in eine Tasche. Wenn wir anfangen etwas zu brauchen… und jemand anderes es hat, fangen wir wieder an zu kommunizieren. Miteinander. Denn Menschen sind im Grunde gut, herzlich und hilfsbereit. Wir fangen wieder an zu teilen, und füreinander da zu sein. Kleine Arbeiten für Güter oder andere Gegenleistung zu erbringen. Und DANN ist das Volk gefährlich und stark.

Ich behaupte: Konsum isoliert.

Wenn wir alles haben was wir brauchen und noch mehr… welchen Grund haben wir füreinander da zu sein? Einst sagte eine ältere Person aus meinem Bekanntenkreis, dass man nicht vorzeitig sein Testament bekannt geben sollte. Bzw. niemanden sagen sollte, wer wie viel und was erbt… denn die Erbenden würden sich dann nicht mehr um einen kümmern. Oder halt nicht so, wie sie es täten, wenn der Kuchen noch nicht endgültig verteilt wäre. Sie wiegen sich in Sicherheit. Sie erben ja so oder so. Wenn man die Besitzverteilung offen lässt, so wird man (laut meinem Bekannten) definitiv öfter besucht und liebevoller behandelt.

Auch an diesem Beispiel sieht man, wie sehr wir auf Besitze fixiert sind. Eigentlich ist seine These recht traurig. Sicherlich trifft sie nicht auf jeden zu. Auf der anderen Seite finde ich es etwas logisch. Zumindest nachvollziehbar. Was vererben Minimalisten nur? 🙂

Einen Gedanken den ich mir jetzt ins Hirn hämmern werde, dass ich nichts neu kaufe, was ich bereits zu Hause stehen habe. Denn in der Regel ist es so: Sobald ich das Gefühl habe, das etwas sich dem Ende neigt (wie zum Beispiel Zahnpasta), komme ich mindestens dreimal an einen Drogeriemarkt vorbei, bis das Ende wirklich erreicht ist. Und wenn ich merke, dass dieser Zeitpunkt gekommen ist, dann schreibe ich den benötigten Gegenstand einfach auf die Einkaufsliste. Tada! Problem gelöst.

Denn was nützt uns Omas gutes Porzellan, wenn es nur zu Weihnachten rausgeholt wird? Alles was nicht benutzt wird ist Ramsch. Alles was auf seine besonderen Momente wartet ist irgendwie Gerümpel. Eine Last. Man schleppt es von Wohnung zu Wohnung – verharrend in der Kiste. Es wartet und wartet… und schon ist das Leben vorbei. Und im Gegensatz zu dem was die alten Ägypter glaubten, können wir NICHTS von all diesen Sachen mit auf die andere Seite nehmen. Also… nutzt die teure Kristallvase von Uroma und erfreut euch daran. Das gute Chanel 5 kippt auch irgendwann um und duftet nach 10 Jahren nur nach mehr Alkohol als nach Luxus. Und wenn etwas nicht passt, obwohl es 200€ gekostet hat… dann versteigert es eben. Von all dem Geld aussortierter Kleidung kann man sich etwas anderes kaufen… oder eben verreisen! 🙂 Bzw. was auch immer DICH erfüllen würde!

Genug Gedankenkotze.
Es lebe der Minimalismus.
Amen!


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